PEEP NOW

Im Gehäuse seiner Solokabine gibt es für ihn keine Möglichkeit, nach draußen zu blicken. Umgekehrt haben die Zuschauer die Wahl, ihn durch verschiedene Sehschlitze zu beobachten. Per Audioübertragung folgen sie seinem provokanten Monolog über das Glück der Anonymität. Darin verbinden sich die Erfahrungen berühmter und mitunter umstrittener Aussteiger, von Montaigne bis Thoreau, von Alexander Supertramp bis zu Melvilles Romanfigur Bartleby. Aber irrt sich der Typ nicht? Und wie können wir es ihm sagen?

Unsere Inszenierung widmet sich dem Lebensgefühl urbaner Ballungsräume, in denen gemeinsame Kontexte schwinden und das Alltagsgespräch mit Unbekannten mühsam und unbefriedigend erscheint. Ist konsequenter Individualismus dekadent? Oder ist es das Ideal einer empathischen Gesellschaft, das endgültig ins Museum gehört? Wie verändert sich Öffentlichkeit, wenn an die Stelle gewachsener menschlicher Bindungen ein Beziehungsdesign tritt, das soziale Kontakte nach ihrem Mehrwert beurteilt? Als Voyeure folgen die Zuschauer einem Diskurs, der sich der ästhetischen Selbstverwirklichung verschreibt und Gemeinschaft als Folklore abtut. Dabei ertappen sie mitunter auch sich selbst: “Müssen wir wirklich miteinander reden, nur weil wir es könnten?”